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04.10.2023
Kategorie Magazin

Leitungskreise verstehen & effektiv nutzen!

Wie arbeiten Leitungskreise miteinander?

Das Konzept der Leitungskreise wird vielfach im Bereich der Organisationsentwicklung, aber auch bei Umstrukturierungsprozessen angewendet. Außerdem auch dann, wenn Unternehmen die interne Zusammenarbeit verbessern und schnellere Entscheidungen erzielen wollen. Insbesondere bei der Entscheidungsfindung entstehen in vielen Fällen Konflikte dadurch, dass Hierarchien sich mit Kompetenzen duellieren. Konkret: Ein Mitarbeitender kann seine Erfahrung und seine Kompetenzen nicht stark genug einbringen, weil eine hierarchisch über ihm stehende Person am Ende das letzte Wort hat – unabhängig von ihrer Kompetenz in diesem Fall.

In einem Leitungskreis steht die Gleichwertigkeit aller Beteiligten im Fokus, die gemeinsame Entscheidungen treffen können. Jede Stimme zählt gleich – unabhängig von der Position des Einzelnen im Unternehmen. Doch wie arbeiten gleichgestellte Mitglieder in Leitungskreisen eigentlich miteinander und was sind die Vorteile dieser Methode der Entscheidungsfindung?

Was sind Leitungskreise und wo werden sie eingesetzt?

Leitungskreise basieren auf dem Prinzip der Soziokratie – einem Begriff, der von dem französischen Philosophen Auguste Comte geprägt wurde und der die Regeln des sozialen Miteinanders beschreibt. Auf der Basis dieser Idee gründete in den 1920er-Jahren ein niederländischer Friedensaktivist eine Schule, die die soziokratischen Prinzipien lehrte – genau diese Schule besuchte der niederländische Unternehmer Gerard Endenburg.

Endenburg arbeitete als Kybernetiker in der Gestaltung von Elektronik-Anlagen und übernahm später die Firma der Eltern. Dort erlebte er hautnah, welche Probleme die traditionellen Managementansätze mit sich bringen und überlegte, wie er konstruktiver mit seinem Team arbeiten könnte. Mit seinem Wissen um die soziokratischen Ansätze und die praktischen Erfahrungen aus seinem Führungsalltag entwickelte Endenburg ein neues System für das Management eines Unternehmens.

So funktioniert die Kreisorganisations-Methode in einem Unternehmen

Die Idee einer soziokratischen, also gleichgestellten Führung, wurde in der Vergangenheit vielfach aufgenommen und weiterentwickelt. Heute arbeiten viele Unternehmen nach der SKM – der soziokratischen Kreisorganisations-Methode.

Diese Methode basiert auf den folgenden Grundlagen:

  1. Kreisstruktur
    In größeren Unternehmen werden Verantwortliche in Kreise unterteilt, bei denen jeder Kreis eine klare Aufgabe oder Verantwortung trägt.

  2. Strukturierte Besprechungen
    Leitungskreise leben davon, dass alle Mitglieder eines Kreises gleichermaßen in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden. Auf diese Weise wird die Beteiligung aller Mitglieder gefördert.  

  3. Feedback-Mechanismen
    Ein wichtiger Aspekt der Leitungskreise sind regelmäßige Feedback-Mechanismen, die es den Mitgliedern ermöglichen, ihre Meinungen und auch Bedenken auszudrücken. So bleiben die Leitungskreise handlungsfähig und können regelmäßig Anpassungen vornehmen.

  4. Konsentierung
    Die Entscheidungsfindung basiert auf dem Prinzip der Konsentierung. Die Mitglieder des Leitungskreises suchen gemeinsam nach Lösungen, die von allen Mitgliedern eines Kreises als „gut genug“ akzeptiert werden können.
Achtung: Es gibt einen Unterschied zwischen Konsent und Konsens! Die Begriffe Konsens und Konsent dürfen bei einem Leitungskreis nicht miteinander verwechselt werden. Während ein Konsens darauf abzielt, sämtliche Widersprüche komplett auszulösen, sind genau diese Widersprüche bei einem Konsent Teil der Lösung. Der Konsent ist ein Konzept in der Soziokratie, bei dem Entscheidungen dann getroffen werden, wenn schwerwiegende Einwände fehlen.

So arbeiten Leitungskreise miteinander

In einem Leitungsteam arbeiten mehrere Personen miteinander, die in einem Unternehmen Verantwortung tragen. Innerhalb dieses Kreises gibt es allerdings keine Hierarchien – alle Mitglieder sind gleichgestellt. Ein Schlüsselaspekt eines funktionierenden Leitungskreises ist die Kommunikation. Ein regelmäßiger Austausch ist wichtig, damit alle Mitglieder des Leitungskreises immer auf dem aktuellen Stand sind und mögliche Konflikte sofort erkannt und aus dem Weg geräumt werden können.

Durch eine regelmäßige Reflexion und ein gegenseitiges Feedback sind kontinuierliche Verbesserungen in der gemeinsamen Arbeit möglich. Es besteht eine Offenheit für Veränderungen, wenn sie denn nötig sind. Entscheidungen werden so miteinander getroffen, dass es Konsent erzielt werden muss, bevor diese Entscheidung am Ende durchgesetzt wird. In der Praxis ist es natürlich nicht immer möglich, dass jeder Einzelne seine volle Zustimmung zu einem Vorschlag erteilen kann. Allerdings dürfen auch keine schwerwiegenden Einwände mehr gegen diesen Vorschlag vorliegen.

Weitere wichtige Prinzipien in der Zusammenarbeit:

  • Transparenz: Die Mitglieder des Leitungskreises haben alle den Zugang zu den Informationen, die für den Entscheidungsprozess nötig sind.
  • Offenheit: Es findet immer ein offener Diskurs und keine geheime Abstimmung statt.
  • Spannungen: Werden innerhalb des Kreises als Chance und wichtige Ergänzung verstanden.

Auch eine Bildung von Subkreisen ist möglich

Wenn die Leitungskreise in einem Unternehmen vor zu hohen Herausforderungen stehen, dann können Subkreise gebildet werden. Diese werden dann mit speziellen Projekten oder Aufgaben betraut. Der Subkreis bildet sich aus Mitgliedern des übergeordneten Leitungskreises, damit eine Mischung aus Mitgliedern anderer Subkreise oder Teams entsteht und die Talente und das Wissen gleichmäßig verteilt werden.

Subkreise sind dazu befugt, eigenständig Entscheidungen im Rahmen ihrer Verantwortlichkeiten zu treffen. Sie müssen also nicht jedes Mal den übergeordneten Kreis kontaktieren, wenn eine Entscheidung getroffen werden muss.

Wie genau wird eine einheitliche Entscheidung gefällt?

Das Basisprinzip eines Leistungskreises besteht im Konsent. Entscheidungen werden nur dann gültig, wenn alle Mitglieder des Kreises damit einverstanden sind. Was in der Theorie logisch und sinnvoll erscheint, muss aber in der Praxis auch funktionieren, denn da zeigt sich oft: Fünf Menschen, sechs Meinungen.

Beschlüsse müssen immer unter allen Teilnehmenden gleichwertig diskutiert werden. Es gilt der Grundsatz, dass am Ende nicht 100 % Zustimmung vorliegen muss, aber dass es auch keine schwerwiegenden Einwände mehr geben darf. Um eine Entscheidung zu treffen, werden alle Mitglieder gehört und alle Meinungen und Einwände akzeptiert. Alle Mitglieder des Leitungskreises sollten das Ziel haben, nicht unbedingt die beste Lösung zu finden, sondern eine umsetzbare, die sich innerhalb des Toleranzbereiches aller Beteiligten befindet.

So funktioniert die SKM-Methode zur Moderation von Konsent-Entscheidungen

Leitungskreise können die sogenannte SKM-Methode nutzen, um Konsent-Entscheidungen herbeizuführen.

Das ist der typische Ablauf einer Konsent-Moderation:

  1. Vorbereitung
    Alle Mitglieder des Leitungskreises müssen mit den Grundprinzipien der Soziokratie und der Konsentierung vertraut sein. Zudem müssen zum Termin alle Mitglieder über das Thema der Abstimmung informiert werden und Zugang zu allen wichtigen Informationen haben.
  2. Bestimmung eines Moderators
    Die Moderationsrolle kann abwechselnd zwischen den Mitgliedern rotieren.
  3. Vorstellung des Themas
    Der Moderator oder die Moderatorin stellt das Thema vor und erläutert die Hintergrundinformationen. Alle Mitglieder haben die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
  4. Diskussion
    Die Diskussion beginnt und alle Mitglieder können ihre Meinungen und Bedenken äußern. Meistens wird dazu eine feste Reihenfolge festgelegt, damit jeder seine Redezeit bekommt.  Ein Mitglied spricht nach dem anderen, ohne Unterbrechungen. So entsteht eine respektvolle Kommunikation, niemand fällt dem anderen ins Wort und es können nicht einzelne Stimmen dominieren.
  5. Einwände und Bedenken
    Wenn ein Mitglied einen schwerwiegenden Einwand gegen den Vorschlag hat, wird dieser besonders aufmerksam behandelt und es werden weitere Klärungsfragen gestellt.
  6. Runde des Einverständnisses
    Nachdem alle Mitglieder ihre Meinungen und Bedenken geäußert haben, führt der Moderator oder die Moderatorin eine „Runde des Einverständnisses“ durch. Dies bedeutet, dass jedes Mitglied nacheinander gefragt wird, ob es mit dem Vorschlag einverstanden ist, ohne schwerwiegende Einwände zu haben. Ein Mitglied kann „Einverstanden“ sagen, „Enthalten“ (wenn es keine schwerwiegenden Einwände hat, aber auch nicht vollständig einverstanden ist) oder „Nicht einverstanden“ (wenn es schwerwiegende Einwände hat).
  7. Umgang mit Einwänden
    Wenn ein Mitglied „Nicht einverstanden“ sagt, wird der Einwand weiter diskutiert und nach einer Lösung oder einem Kompromiss gesucht. Wichtig ist dabei, dass der Einwand immer im Detail begründet wird. Die Diskussion wird so lange fortgesetzt, bis alle Einwände gelöst sind oder bis ein Konsent erreicht wird.

Wann ist die Arbeit mit Leitungskreisen sinnvoll?

Die Bildung von Leitungskreisen kann in ganz verschiedenen Situationen sinnvoll sein. Leitungskreise ermöglichen es den Teams, in einzelnen Bereichen autonomer zu handeln und Entscheidungen auf lokaler Ebene zu treffen. Trotzdem bleiben sie weiterhin an die übergeordneten Ziele und Richtlinien gebunden.

Leitungskreise können auch dann sinnvoll sein, wenn ein Unternehmen Schwierigkeiten mit ineffizienten oder hierarchischen Entscheidungsprozessen hat. Gut funktionierende Leitungskreise beschleunigen die Entscheidungsfindung und sorgen dafür, dass alle relevanten Stimmen gehört werden. Zudem wird die Beteiligung der Mitarbeitenden an Entscheidungsprozessen erhöht und damit die im Unternehmen bereits vorhandene Expertise voll ausgeschöpft. Leitungskreise schaffen in einem Unternehmen eine Kultur der Partizipation.

In Organisationen, die sich schnell ändernden Bedingungen oder Umwelteinflüssen ausgesetzt sind, verbessern Leitungskreise die Anpassungsfähigkeit.  Sie können auch bei der Konfliktlösung nützlich sein, da sie transparente Kommunikationsstrukturen und klare Entscheidungsprozesse fördern. Die Mitglieder eines Leitungskreises sind einander gleichgestellt und können Konflikte viel besser auf konstruktive Weise lösen, statt sie auf hierarchischer Ebene auszutragen..

Diese Indikationen sprechen darüber hinaus für die Bildung von Leitungskreisen

  • Du sitzt oft in ineffektiven Meetings fest
  • Du möchtest schnell machbare Lösungen für ein Problem finden
  • Es gibt ineffektive Machtstrukturen in Deiner Firma
  • Entscheidungsprozesse dauern sehr lange

Das sind die Vorteile von Leitungskreisen   

Wenn die Führungsverantwortlichen als Einheit fungieren und eine konstruktive Zusammenarbeit vorleben, sind sie ein Vorbild für alle Mitarbeitenden. Sie gehen in Bezug auf Kommunikation, Kritikfähigkeit und kritischer Selbstreflexion mit gutem Beispiel voran. Leitungskreise fördern die aktive Beteiligung aller Mitglieder, unabhängig von ihrer Position oder ihrer Hierarchieebene in der Organisation. Auch Mitarbeitende außerhalb der Führungsebene können Mitglied eines Leitungskreises werden und ihre Kompetenzen einbringen.

Weitere Vorteile von Leitungskreisen auf einen Blick:

  • Schnelle und effektive Entscheidungen
    Die Konsentierung in Leitungskreisen schafft die beste Basis für schnelle Entscheidungen.  Einwände werden konstruktiv behandelt. Da keine einstimmige Zustimmung erforderlich ist, können Entscheidungen schneller getroffen werden als in hierarchischen Strukturen.
  • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit
    Leitungskreise sind sehr flexibel und können sich leicht an Veränderungen innerhalb eines Unternehmens oder veränderte Marktbedingungen anpassen. Nimmt die Komplexität zu, dann werden neue Subkreise gebildet, die die übergeordneten Leitungskreise entlasten.  
  • Förderung der Eigenverantwortung & Innovation
    Jedes Mitglied trägt Verantwortung für die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des gesamten Leitungskreises. Die Zusammensetzung des Leitungskreises erfolgt nicht nach der Hierarchie der Beteiligten, sondern viel mehr nach ihrer Kompetenz. So wird eine breite Palette an Meinungen und Ideen in den Leitungskreis eingebracht und es entstehen kreative Lösungsansätze.
  • Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden
    Die Möglichkeit, an Entscheidungsprozessen teilzunehmen und Einfluss auf die Gestaltung der eigenen Firma zu nehmen, motiviert die Mitarbeitenden. Die Zufriedenheit steigt und es gibt weniger Fluktuation.
  • Verhinderung von Hierarchie und Machtungleichheit
    Leitungskreise reduzieren die traditionelle Hierarchie und die damit verbundene Machtungleichheit. Es entsteht viel schneller ein positives Klima innerhalb des Unternehmens. Kompetenzen werden an den richtigen Stellen eingebracht, ohne dass sie schon an der Tür des Vorgesetzten scheitern.  

Auch der Einzelne profitiert davon, Teil eines Leitungskreises zu sein. Er kann mehr Verantwortung übernehmen und sich mit seinen Kompetenzen noch besser einbringen.

Diese Herausforderungen müssen Leitungskreise bewältigen

Innerhalb eines Leitungskreises, der nach soziokratischen Prinzipien arbeitet, kann es natürlich auch zu Herausforderungen kommen, die eine gute Zusammenarbeit beeinträchtigen oder sogar ganz verhindern. Diese Herausforderungen entstehen dann, wenn einzelne Mitglieder Schwierigkeiten haben, sich auszudrücken oder aktiv zuzuhören.

Konflikte sind in jeder Gruppe unvermeidlich. Sie lassen sich aber konstruktiv lösen, indem alle Einwände angemessen gehört und behandelt werden. Die Konsentierung als Entscheidungsprozess ist sicher für einige Mitglieder ungewohnt und erfordert daher ein gewisses Maß an Offenheit und Flexibilität. Selbstverständlich dürfen Konflikte innerhalb eines Leitungskreises niemals auf persönlicher Ebene ausgetragen werden.

Eine große Herausforderung besteht im Zeitmanagement. Um die Zeit der Mitglieder nicht zu verschwenden, müssen die Zusammenkünfte effektiv gestaltet werden, ohne dass sich die Gespräche während der Termine in Details verlieren. In einem Leitungskreis müssen alle Mitglieder Verantwortung übernehmen und sich engagieren. Es kann dann zu Problemen kommen, wenn einzelne Personen passiv bleiben und ihre Aufgaben vernachlässigen.  

Gerade in etablierten Organisationen mit festgelegten Strukturen kann es schnell passieren, dass sich Widerstand gehen die Einführung von Leitungskreisen regt. Veränderung wird nicht immer nur positiv wahrgenommen. Die Herausforderung besteht darin, den Widerstand rechtzeitig zu erkennen, ihn zu verstehen und Wege zur Akzeptanz zu finden.

Wie gelingt der Weg von der Pyramide zur Kreisorganisation?

Viele Unternehmen sind bis heute überwiegend hierarchisch strukturiert. Es gibt eine Führungsetage, die Vorgaben macht und Mitarbeitende, die diese Vorgaben ausführen. Daher erfordert die Einführung von Leitungskreisen eine gute und durchdachte Planung. Die Führungskräfte sollten ein Verständnis für die Vorteile einer Kreisorganisation schaffen. Im Anschluss werden die Mitglieder des Leitungskreises sorgsam ausgewählt– und zwar nicht anhand ihrer Position, sondern vor allem auf der Basis ihrer Fähigkeiten und ihrer Kompetenzen.

In der Übergangsphase lohnt es sich oft, mit Pilotprojekten zu arbeiten. So können die Mitglieder der Leitungskreise Erfahrungen sammeln und sich mit der Methode des Konsents vertraut machen. Die gebildeten Leitungskreise werden dann schrittweise in das Unternehmen implementiert. Dabei sind gerade im Übergangszeitraum eine offene Kommunikation und ein schnelles und wertschätzendes Feedback wichtig.

Eine wertvolle Unterstützung in dieser Phase bieten spezielle Coachings und Training, die alle Mitglieder stärken und bei Herausforderungen zur gemeinsamen Lösungsfindung anregen. Die Coaches und Trainer der Stage Akademie können Dich und Dein Team bei der Bildung von Leitungskreisen mit ihren praktischen Tipps und Ideen begleiten.

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